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Wann endlich wird sich Ost und West ergänzen?     Inhaltsverzeichnis

Arnos Leserbrief in der Zeitschrift "Was ist Erleuchtung" (ISBN 3-935688-05-9)

Einige Artikel der spannenden Ausgabe 03 zum Thema "Erleuchtung" aus der Sicht von Advaita, Buddhismus und der Transpersonalen Psychologie haben mich derart provoziert, dass ich mich jetzt äußern muss. Besonders war es der Artikel über Ramesh Balsekar oder der über Dr. Vijai Shankar. - Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Ost und West in Form von "Anthroposophie & Tantra". In unseren Seminaren zeigt sich, dass damit ein sehr fruchtbarer Weg zum Verständnis des Seins, dem Sinn der Maja, der Erleuchtung, ja überhaupt ein anfängliches Verständnis für die grundsätzliche Seelenlage in Ost und West gefunden wurde...

Was hat mich in den Artikeln so provoziert? Hier zwei Beispiele:

1.) Da ist z. B. dieser auf die Spitze getriebene Fatalismus des Ramesh Balsekar, wogegen sich Chris Parish im Interview tapfer wehrt, bis er schließlich im Nachwort eine ganz wesentliche Erfahrung im Loslassen erfährt. Wie ist dieser Umschwung möglich? (im Voraus gesagt: Weil er eine lange Vorbereitungszeit hatte!)

2.) Im Artikel zur Transpersonalen Psychologie ist zu lesen: "Während herkömmlicherweise die Auffassung herrscht, dass die spirituelle Suche alles von uns fordert, was wir an Fähigkeiten aufbringen können, verlangt die Erleuchtung am Ende immer, alle unsere Hilfsmittel, Karten und Konzepte hinter uns zu lassen und blind und mit leeren Händen ins Unbekannte zu treten. "Ihr stellt euch den (Einen) Geist... als etwas vor, das auf die gleiche Weise untersucht werden kann wie eine Kategorie des Wissens oder wie ein Konzept", schrieb der Zen-Meister Huang Po bereits im neunten Jahrhundert vor Christus. "Wer seinen Geist auf diese Weise wie Augen benutzt, wird sicher vermuten, dass Fortschritt etwas ist, das sich in mehreren Stadien vollzieht. So ein Mensch ist von der Wahrheit so weit entfernt wie die Erde vom Himmel.""

Diese Aussage dürfte manche Anthroposophen aufs äußerste provozieren, wo doch Rudolf Steiner selbst die Anthroposophie gerne als Geisteswissenschaft, "Wissenschaft vom Geistigen", also vom Nicht-Sichtbaren bezeichnet...

Ja, am Ende ist "Erleuchtung ein Sprung, der über alles Bekannte... hinausgeht", aber eben am Ende! Das ist ein ganz wesentlicher Faktor, der in östlicher Auffassung seltsamerweise meist nicht bemerkt wird. Selbst Buddha wanderte viele, viele Jahre als Asket umher, studierte bei verschiedenen Meistern und ergab sich harter Kasteiung - die so lang ersehnte Erleuchtung trat nicht ein. Erst als er endgültig aufgab und los-ließ, trat sie - ganz unerwartet - ein.

Diese lange, ausdauernde Suche und Arbeit scheint eine wesentliche, wichtige Voraussetzung der Erleuchtung zu sein. Sicher, letztlich geht es um Hingabe, doch wenn man damit beginnt, entsteht nur Trägheit und Stagnation. Es ist noch keine Energie da. Das "Tun und Machen" führt nicht zur Erleuchtung, aber wir lernen viel dabei. Daraus entsteht nicht zwingend Erleuchtung. Da bin ich ganz mit Ramesh Balsekar einer Meinung: Die wirklichen Ereignisse geschehen, sie ereignen sich ohne unser Zutun, sie sind Gnade, sie "fallen mir zu" ("Zu-Fall"). Meine Suche, meine Arbeit aber kann dazu beitragen, eine Atmosphäre, ein Energiefeld aufzubauen, in das hinein ES dann geschehen kann. Ich muss erst etwas haben, dann kann ich es loslassen, dann kann es sich verwandeln - "Wer hat, dem wird gegeben werden".

Gegeben ist uns vorerst die Maja - die äußere Erscheinung der Welt mit all ihren Beschwerlichkeiten und Schönheiten: im materialistischen Westen als die einzige Wahrheit hochgehalten, im Osten als Illusion, als das Hindernis zur wirklichen Erkenntnis, zur Erleuchtung angesehen. So lesen wir bei Dr. Vijai Shankar: "...Ich weiß nicht, weshalb die Menschen hierher kommen. Ich lehre sie nichts, kommt gar nicht in Frage! Ich lehre sie nie etwas. Es gibt nichts zu lehren, mein Freund. Was wollen Sie über eine Illusion lehren?" (Das schlägt dem Fass den Boden aus, aber darum geht's wohl auch, oder !?)

Was der Westen und speziell die Anthroposophie als Vertreter westlicher Schulungswege hier zu ergänzen hat, ist unter vielem anderen dies, dass die Maja durchaus Illusionscharakter hat, aber eine tiefe innere Wahrheit beinhaltet. Die Er-scheinung (Nomen est Omen!), und schon allein deren Tatsache (!), hat tiefen Sinn, sie ist das "Bilderbuch der Wahrheit". Man muss es erst mal lesen lernen. Oder ist wirklich alles nur ein großartiger Scherz, wie Dr. Vijai Shankar meint? Ein großartiger Scherz, um uns zu ärgern, zu belästigen, oder was??

Es ist gar nicht egal, ob ich lieblos, unachtsam, oder liebevoll mit den Geschöpfen innerhalb der Maja umgehe, das ist in der Praxis des Tantra unmittelbar erlebbar. Die Art und Weise, das Motiv meiner Bemühungen hat weitreichende Folgen - für andere Geschöpfe ebenso wie auch für meine eigene Entwicklung, für die Erleuchtung. Da gibt es durchaus Qualitätsunterschiede.

Es kann schon sehr beglückend sein zu erfahren, wie Sinn-voll und weise die Welt eingerichtet ist, bis in alle Einzelheiten. Und dass die ganze Welt eine durchaus notwendige Einrichtung ist, ohne die bestimmte Entwicklungsschritte einfach nicht möglich wären - besonders nicht in der geistigen Welt, denn gerade sie hat sich offensichtlich den physischen Plan geschaffen um weiterzukommen. - Mit der im Osten weit verbreiteten Sehnsucht nach Rückkehr zur Heimat kann es wohl nicht allein getan sein - und mit einer Erleuchtung, die nur aus dieser Sehnsucht heraus angestrebt wird, dürfte man sich - sogar wenn sie eintritt - nur aus der einst selbst aufgesuchten Entwicklungschance wieder herauskatapultieren. Und von dieser Möglichkeit sollte man wenigstens eine Ahnung haben...

Sich der Welt liebevoll zuzuwenden ist ebenso not-wendig wie das alles sein lassen zu können. - Wann endlich wird sich Ost und West ergänzen?

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Der Atem des Lebens


Anthroposophie, Kunst, Tantra

Im Atemholen sind zweierlei Gnaden:
Die Luft einziehen – sich ihrer entladen;
Jenes bedrängt, dieses erfrischt;
So wunderbar ist das Leben gemischt.
Du danke Gott, wenn er dich presst,
Und dank ihm, wenn er dich wieder entlässt.

Goethe

Innen und Außen, Tag und Nacht, Leben und Tod, Mann und Frau, Geist und Stoff, Ideal und Wirklichkeit: Kontraste der Dualität, in deren Spannungsfeld wir leben und die uns ganz schön zu schaffen machen können. Für manche erscheint die Kombination "Anthroposophie & Tantra" wie ein unüberwindbarer Gegensatz. Doch in unserer Seminararbeit seit 1995 hat sich gezeigt, dass die Begegnung der beiden Wege aus West und Ost ausgesprochen fruchtbar und effektiv sein kann. - Um was es in dieser Arbeit geht, sollen die folgenden Darstellungen zeigen.

Die Kunst eines erfüllten Daseins besteht im Wesentlichen darin, dass wir fähig werden, mit diesem Spannungsfeld der Kontraste situationsgerecht umzugehen, d. h. ohne ständig dagegen ankämpfen zu müssen.

Es ist eine Kunst, mit den uns im Innen wie im Außen begegnenden Dingen in innigen Kontakt zu kommen und ihnen zugleich in entspannter Gelassenheit zu begegnen. Dies bedeutet ein Einigwerden mit den Dingen. Es ermöglicht uns, tiefen inneren Frieden zu finden und in einer ganz neuen Art den Dingen gerecht zu werden.

Das Aeoni-Projekt sind so konzipiert, dass diese Kunst umfassend verstanden, vertieft und geübt werden kann...

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Reisen einmal anders:
Eine Reise zu sich selbst, zu anderen und zur Welt

Wer kennt das nicht, das Gefühl "nur raus hier, egal wohin"? Nicht umsonst boomt die Reisebranche wie nie zuvor! Was aber suchen wir wirklich, wenn wir das Weite suchen? Ist es nicht oft noch eine ganz andere Sehnsucht, die uns in die Ferne treibt, als nur die Flucht vor dem Alltag? Nicht selten bemerken wir nach der Rückkehr, dass doch alles beim Alten geblieben ist...

Eine immer beliebtere und auch kostengünstige Alternative bieten hier die Anthroposophie & Tantra - Seminare. "Ich kann es kaum glauben, aber nach diesen drei Tagen komme ich mir vor, als wäre ich drei Wochen unterwegs gewesen", so oder ähnlich ist immer wieder von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu hören. Wie kommt das? Nun, dies hat gewiss viele persönliche Gründe, liegt aber ebenso in der Thematik als solcher begründet:

"Anthroposophie" bedeutet "Weisheit vom Menschen" und geht auf Rudolf Steiner zurück. Es ist schon erstaunlich, wie die anthroposophische Weltsicht unserem Dasein einen ganz neuen Sinn geben kann! Nicht umsonst werden inzwischen fast alle Lebensgebiete durch Anthroposophie erweitert, z. B. Pädagogik (Waldorfschulen), Medizin (Weleda, Wala), Ernährung (Demeter), Architektur, Kunst, soziales Leben, Religion bis hin zu technologischer Forschung (Anthro-Tech) u.v.a.

"Tantra", das zur Zeit bei uns eine facettenreiche Renaissance erlebt, bedeutet u. a. "Kern" und geht auf uralte östliche Wurzeln zurück. Ausgehend von Sinnlichkeit und Sexualität strebt auch dieser Weg eine allumfassende Belebung unseres Menschseins an und ermöglicht uns, durch direkten Kontakt mit unseren Gefühlen, Wünschen, Ängsten und Sehnsüchten eine Heilung, ein Heil-Werden einzuleiten.

Ist es nicht oft die Sehnsucht danach, die uns das Weite suchen lässt? "Sinnlichkeit mit Geistigem verbinden - Ankommen" - so das Thema des Basiskurses - kommt häufig dem Kern unserer Reiselust viel näher als eine tatsächliche Fernreise, wo wir ja doch den ganzen inneren Ballast nur mitnehmen. Gerade in der Kombination von Anthroposophie, Kunst und Tantra können sich für Einsteiger ebenso neue Welten auftun wie für "alte Hasen", die in dieser Kombination ganz neue Seiten "ihrer" Richtung entdecken. Eben: Ein Kontrast, der sich ergänzt...
 
 

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- Der Eigenheiten leerer Wahn -
von der Erbärmlichkeit und Größe unseres Ego

Mit Ego ist all unser Sosein gemeint: Das Mann- oder Frausein, all unsere Meinungen und Überzeugungen, all unsere Schönheit und Hässlichkeit, Fähigkeiten und Unvermögen, Vorlieben und Abneigungen, Gescheitheiten und Dummheiten, ja alles, was uns voneinander unterscheidet. Es sind die Dinge, die unsere unverwechselbare Einzigartigkeit ausmachen. Es ist unser Schiff, womit wir durchs Leben segeln.

Zugleich aber ist unser Sosein auch das Hindernis zu wirklichem Verbundensein mit dem Leben. Bei jeder Gelegenheit melden sich alle möglichen Meinungen und Einwände, das Ego ist ausgesprochen obergescheit und hat zu jedem und allem ein Urteil, ein Weil, Wenn und Aber, ein Möchte und Magnicht. Es ist unsere Selbstbehauptung und hat als solche weder das Bedürfnis noch die Fähigkeit, sich in andere(s) hineinzuversetzen. Es trennt uns, wir sind darin gefangen, und - das ist sein spezielles Kennzeichen - wir merken es nicht! Und wenn die ganze Umgebung schon sieht, in welcher Sackgasse wir hängen, selbst sind wir blind dafür! Der Ausweg?

Ein Ausweg kann darin bestehen, dass wir damit beginnen, unser gesamtes Sosein als Sinnesorgan einzusetzen. So dass wir vor jeder Äußerung, nach der es uns drängt, einen Moment innehalten und uns sagen: Interessant, "dieser Typ" (mein Ego) hat also die und die Meinung, das und jenes Verhalten. Wir hören damit auf, uns mit unserem Ego zu identifizieren. Wir können dann immer noch entscheiden, ob wir nun die geplante Äußerung tun wollen oder nicht.

Damit beginnen wir, uns von unserem Ego-Gefängnis zu befreien. Und, was noch bedeutender ist, es taucht dabei eine neue Instanz in uns auf, die sonst unter der üblichen Ego-Identifikation verschüttet bleibt oder damit verwechselt wird. Eine wirklich durchlebte, nicht nur gedachte Begegnung mit dieser inneren Instanz ist ein Quantensprung in der Selbsterkenntnis! Wir werden gewahr, dass wir weit, weit mehr sind und können, als wir vorerst glaubten. Unser wahres, Höheres Selbst tritt in Erscheinung!

Doch Vorsicht: Jetzt kommt es besonders darauf an, von da aus unserem Ego liebevolle Zuwendung zu geben. Wir dürfen unser So-Sein nicht einfach abschneiden, wir verlören sonst den Boden und das Gefährt, das uns auf Erden trägt. Die neue Instanz muss unser eigener Beschützer, liebevoller Freund und Berater werden. Das Ego wird sich vorerst heftig wehren, will keine neuen Wege gehen oder alte Gewohnheiten ablegen. Das alte Ego hat panische Angst um seine Existenz! Es ist bedürftig, unersättlich und bedauert sich selbst - wie es auch anmaßend überheblich sein kann. Es braucht immer ganz dringend etwas, und gerade jetzt braucht es tatsächlich das neu erwachende Höhere Selbst als seinen Heiland, als liebevollen Betreuer. Als Begleiter, der seine Würde und Einzigartigkeit, seine Potentiale und Schönheiten zu schätzen und zu ehren weiß. Ihm aus seiner Erbärmlichkeit hilft. Für das Ego wiederum bedeutet diese Zuwendung eine enorme Entspannung und Erlösung. Gerne stellt es dann seine Kraft und Fähigkeiten dem Höheren Selbst zur Verfügung.

Auf diese Weise erhält das Ego den ihm angemessenen Platz im Gesamtgefüge, es kann sich entfalten und erblühen, denn es wird von der allgegenwärtigen Präsenz des Höheren ICH durchstrahlt und erweitert, gegebenenfalls auch in die Schranken gewiesen. Geistes-Gegenwart beginnt, durch das Ego hindurch zu per-sonieren, d. h. hindurchzutönen. Das einstmals so besondere, abgetrennte So-Sein wandelt sich zur Per-son.

Dieser Weg der Befreiung fordert allerdings einige Voraussetzungen. Das Erste ist die Bereitschaft, sich selbst in Frage zu stellen ebenso wie auch ein gewisser Mut zum So-Sein. Es muss im Tiefsten verstanden werden, dass unser Ego, so wie es jetzt ist, genau das einzig Richtige ist, dass es aufgrund seiner Vergangenheit gar nicht anders kann und von der Schöpfung eben jetzt genau und nur so gewollt ist. Mit allen Unvollkommenheiten ist es die einzig reale Basis, im irdischen Leben zu bestehen und von der alles Weitere erst ausgehen kann. Das ist seine Größe. Trotzdem ist es nicht der Weisheit letzter Schluss. Ein Durchgang auf dem Entwicklungsweg.

Um überhaupt zu einer tieferen Wahrnehmung des So-Seins zu kommen, braucht es zweitens die Bereitschaft, in die eigene Gefühlswelt mit echtem Bemühen fühlend und forschend einzutauchen.

Man sagt so leicht: "Mir geht es gut, mir geht es schlecht". Aber was und wo ist das konkret? Ist es mehr im Bauch, im Knie, im Hals? Mehr hart, weich, brennend, bitter oder süßlich? In welche Richtung zieht es, wie "schmeckt" es? Hier beginnt die praktische (Seelen-) Geisteswissenschaft, das Arbeiten des Ich an den Wesensgliedern. Wer diese inneren Welten zum ersten Mal tatsächlich fühlend erfährt, ist oft sehr erstaunt, wie viel kristallene Klarheit in diesen inneren Räumen möglich ist, die doch sonst nur diffus und wühlend geahnt werden.

Vom ersten Wahrnehmen (Imagination) solcher Seelengebilde schreitet man dann weiter zum Umgang damit (Inspiration), indem man fragend hinfühlt, in direkte Berührung und in Austausch mit diesen inneren Strömungen kommt. Es beginnt eine Art Frage-Antwort-Spiel, in dem mit den intimsten Ego-Ausgestaltungen behutsam umgegangen wird: "Aha, so tut das, das sind die Tendenzen, jenes ist die Stimmung dieser Meinung etc." Hier ist es wie ein Wiederfinden längst vergessener Quellorte, oder ein Begegnen von Relikten längst vergangener Zeiten, die einen wie sehnsüchtig, ja dankbar ansehen, dass man sie endlich wieder würdigt. Auch wenn dabei durchaus schmerzvolle Erfahrungen eintreten können, so geschieht dies doch in der unmittelbaren Gewissheit der Erlösung. Ein Loslassen, das in dem befreienden Aufatmen liegt: "Endlich, endlich komme ich bei mir an, finde ich wieder zu mir."

Im Verweilen und Bewegen in diesen inneren Räumen ist es dann im nächsten Schritt möglich, in diese Seelengebilde auch bewusst hineinzutauchen, sich wie mit seinem ICH in diese hineinzuversetzen, sich in sie zu verwandeln, sie von innen heraus mitfühlend zutiefst zu verstehen (Intuition). Spätestens jetzt geschieht eine deutliche Wandlung und Aufhellung der aufgesuchten Seelenregionen! - Zurückgekehrt in das normale Tagesbewusstsein, fühlt man sich wie neugeboren, wie von einer ungeheuren Last befreit. Aus dem Verborgenen wächst uns eine längst vergessene, doch zutiefst bekannte Kraft entgegen, die durch Verdrängung bisher gebunden war.

Liebe heilt… - Die Gedanken und Gefühle, ja auch unsere Meinungen, Triebe, Begierden und Leidenschaften sind letztlich Wesenheiten mit eigenen Tendenzen, gewissermaßen wie du und ich. Werden sie (wie wir) nicht beachtet und an den richtigen Platz gestellt, entsteht schleichend Verletzung, Unzufriedenheit, Verzweiflung. In weiterer Folge Wut und Aggression gegen sich selbst und andere, mindestens versteckt. In den oben beschriebenen Vorgängen aber geschieht tatsächlich ein energetischer Austausch, eine Einwohnung unseres Höheren ICH, unseres inneren Heilands mit und in den Wesenheiten unseres Mikrokosmos, unserer inneren Tier-, Pflanzen und Mineralwelt.

Somit ist Arbeit an sich selbst auch Arbeit an der Welt: Denn wer durch die oben beschriebenen Prozesse gegangen ist, gewinnt ein neues Verhältnis zum Sein. Man hat den Eindruck, dass einen auch Tiere, Pflanzen und die Menschen nun anders ansehen, mehr wie einen Vertrauten. Die Welt wird nach und nach wieder hereingenommen in den Gesamtorganismus und steht uns viel freudiger, kraftspendender und hilfreicher zur Seite.

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ANTHROPOSOHPISCHE GEISTESWISSENSCHAFT ist TANTRA IM DENKEN.

Rudolf Steiner erforschte in inniger Verbundenheit, mit minutiöser Hinwendung und genauester Selbstbeobachtung die Entstehung von Gedanken, Begriffen und Formen. Die Geisteswissenschaft, die "Wissenschaft vom Geiste", war als Methode geboren und bestimmt sein Gesamtwerk (hierzu insbesondere die "Philosophie der Freiheit" und "Wahrheit und Wissenschaft"). Unablässig war seine Aufforderung, sich selbst auf diese Weise in die Prozesse forschend einzulassen.

Denn "Im Sinnlichen offenbart sich der Geist" (R. St.). Um im Sinnlichen die Offenbarung des Geistes als wirklichkeitsgemäßes Denken zu erfahren, muss die Kraft der Sinnlichkeit, auch der Erotik, vor allem ihrem Wesen nach fühlbar, spürbar und auch körperlich-sinnlich erlebt werden: Mit sich allein, im Innen und Außen, als Mann und Frau, mit anderen, in der Natur und in der Welt.

Durchdringen wir mit liebevoller Präsenz die unmittelbare Sinneswahrnehmung, geschieht eine Wesensbegegnung mit den dahinter liegenden geistigen Entitäten, welche die Sinne eigentlich erst hervorbringen. Bedeutung und Sinn der sinnlichen Welt beginnen zugänglich zu werden. Auf diese Weise wandelt sich das besinnungslose, egoistische und sinnentleerte Ausleben zum Erleben und Beleben.

Im Aeoni-Projekt erfährt Steiners Aufforderung eine zeitgemäße Verlebendigung.

TANTRA ist im Westen längst zu einem Schlagwort für sexuelle Praktiken geworden. Das beruht z. T. auf Unkenntnis. Der mystisch-historische Ursprung des Tantra ist eine vor etwa 5000 Jahren sich ausbildende Lebenshaltung und -schulung, die in aller Freiheit eine innigste und direkte Verbundenheit mit allem Sein anstrebt und erreicht. Tantra beginnt sich als ganzheitliches Bewusstsein zu entfalten: Körper, Geist und Seele werden in kosmischer Allverbundenheit erlebt und gefeiert, ohne sich darin zu verstricken. Dieses sich Einlassen auf die tantrische Lebensgrundstimmung fördert im westlich denkenden Menschen den Mut, ganzheitlich mit einem tiefempfundenem JA in alles Sein einzutauchen.

Das Aeoni-Projekt ist auch ein künstlerischer Weg. Ton, Farben und andere gestalterische Mittel unterstützen die individuellen Prozesse. Ohne eine Verfälschung des anthroposophischen Schulungsweges gelingt im Aeoni-Projekt eine Erweiterung der multiplen Wahrnehmungsebenen durch tantrische Erfahrungen in bewegten Meditationen, Heilritualen, sensitiven Massagen und Begegnungsfesten.

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Anthroposophie & Tantra:
Eine Standortbestimmung

Der nachfolgende Artikel, der für die Zeitschrift NOVALIS geschrieben wurde, möchte besonders für anthroposophisch versierte Menschen einige Antworten auf naheliegende Fragen geben:

Seit Rudolf Steiners Lebzeiten haben sich enorme Umwälzungen vollzogen. Es bedarf schon einer größeren Aufmerksamkeit, auch nur wenige dieser Umwälzungen wahrzunehmen. Allzu sehr haben wir uns an den Lauf der Dinge gewöhnt. – Fünf Themenbereiche sollen hier anfänglich betrachtet werden:

1. Der Stellenwert der Esoterik heute

Gehen wir heute an ein Bahnhofskiosk und sehen die unübersehbaren Zeitschriftenangebote, so fällt auf, dass sogar für Esoterik ein eigenes Fach bereit steht, in dem sich unzählige Zeitschriften mehr oder weniger hoher Qualität zu den Themen Übersinnlichkeit, Transzendenz etc. befinden. Als jemand, der sich schon lange mit Anthroposophie befasst, ist es enttäuschend, ja befremdend, dass hier anthroposophische Zeitschriften so gut wie nicht vorkommen. Ist doch gerade die Anthroposophie im Westen der esoterische Vorreiter überhaupt. Ein Vorreiter auch in dem Sinne, dass die Anthroposophie andere esoterische Bewegungen in wesentlichen Punkten merklich im Stillen beeinflusst hat. Beispiel: Denken – Fühlen – Wollen: Die Dreigliederung im weitesten Sinne.

Vor etwa 30 Jahren, als sich die Allgemeinheit stärker für geistige Dinge zu interessieren begann, war es noch allgemein verbreitet, in der Dualität von "Leib und Seele", "Körper und Geist" zu sprechen. Inzwischen ist fast überall die Dreigliederung, wenn auch unbewusst und nicht gleich erkenntlich, als "Körper, Seele und Geist" oder als "Kraft, Schönheit und Weisheit" etc. in Zeitschriftentiteln und Abhandlungen zu finden. Dies scheint wie eine der vielen Früchte hundertjähriger anthroposophischer Arbeit zu sein, so als wären diese Gedanken inzwischen in das allgemeine Volksempfinden, in den Zeitgeist übergegangen. Das mag tröstlich sein. Doch jemandem, der sich seit über 30 Jahren mit Anthroposophie beschäftigt, tut diese Ignoranz nahezu physisch weh. Es kann nicht angehen, dass eine Bewegung, die auf eine so lange Entwicklung zurückblickt und eine derartige Tiefe aufzuweisen hat, so "übersehen" wird bzw. sich vielleicht in einer selbstgeschaffenen Überbescheidenheit (oder Überheblichkeit?) aus der allgemeinen Entwicklung heraushält. Wobei allgemeine Entwicklung heißt: Alle Menschen sind am Erwachen, wie es Rudolf Steiner vorausgesagt hat.
Hier soll weniger der Frage nachgegangen werden, warum die Anthroposophie in diese Außenseiterrolle gekommen ist, es soll vielmehr gefragt werden: Wie kann Anthroposophie belebt werden, dass sie die heutigen Menschen erreichen kann?

2. Wie hat sich die allgemeine Seelenhaltung gegenüber Rudolf Steiners Zeiten verändert?

Es ist auffallend, dass der heutige Mensch direkt erleben will. Wir begnügen uns nicht damit, die Weisheiten großer Lehrer aufzunehmen und zu befolgen, wir wollen sie selbst prüfen, um sie in unseren Alltag wirksam werden zu lassen; so wie es Rudolf Steiner von seinen Schülern gefordert hat. Die vielfältig angebotenen und gut besuchten Selbsterfahrungsgruppen sprechen ihre Sprache.
Auch fällt auf, dass wir es heute besonders mit "fun", mit Freude, mit Lust zu tun haben wollen, was durchaus immer ein großes Bedürfnis der Menschen war. Mit der Bemerkung, das sei selbstsüchtig und bequem, ist es nicht getan. Ist der Zustand der Lebensfreude und Lebenslust nicht auch derjenige Gemütszustand, wo wir am meisten inkarniert, tatkräftig hier angekommen sind? "Fit for Fun", "Fit for Tomorrow" sind typische Parolen "aufgestellter Leute von heute". – Wir wollen stark werden, und müssen es wohl auch...

3. Was bedeutet die Musikentwicklung?

Während es in früheren Zeiten hierzulande nur klassische Musik, Schlager und Volksmusik gab, ist heute daneben eine nicht zu übersehende, sehr rhythmusbetonte Musik von anderen Völkern übernommen und weiterentwickelt worden, bis hin zur taktbetonten Stampfmusik (Techno). Was heißt das?
In esoterischen Traditionen ist klar, dass diese "Stampfmusik" zu tun hat mit dem ersten Chakra, dem Wurzelchakra, das wiederum zu tun hat mit Sein oder Nichtsein, Leben und Tod, Erdung, Sexualität, mit sehr lebendigen und rohen, ungefeilten und mächtigen Kräften und Wesenheiten, von denen Rudolf Steiner sagt, dass hier die höchsten Hierarchien wirken. Nicht umsonst wirkt im Gliedmaßen-Stoffwechsel-System höchste Weisheit, in Stoffkenntnis und Regeneration. In knapp 2000 Jahren kirchlich-christlicher Entwicklung wurden diese Kräfte, die früher u. a. in schwerer körperlicher Arbeit und in Kriegen von Mann zu Mann ausgelebt wurden, stark zurückgedrängt zugunsten von geistigen und kulturellen Entwicklungen. Zeigt nicht das Auftreten von Techno unter anderem auch das Bedürfnis, wieder in Kontakt zu kommen mit diesen sehr kraftvollen, lebendigen Bereichen – wenn auch in eigenartig entstellter Form?
Aber diesen unteren Bereich kann man heute auch als recht krank erleben. In fast jeder Werbung begegnet uns die Illusion von einem "Happy-Sex-Life", - und in der Realität Beziehungsunfähigkeit! Ein Drittel aller neu geschlossenen Ehen lösen sich bereits in fünf Jahren. Die Zahl der Single-Haushalte wächst ständig, ohne dass dabei die Sehnsucht nach erfüllten Beziehungen geringer wird.
Die Techno-Bewegung mit nächtelangen Tanz-Trancen verbindet die Menschen wieder mit einer gewissen Geistigkeit des unteren Menschen - oder Unter-Geistigkeit - kann aber in dieser unbewussten Form keine Einsicht und wirkliche Befriedigung - oder gar Begegnung - vermitteln.

4. Welche Aufgabe und welchen Stellenwert hat die Geisteswissenschaft auf diesem Hintergrund?

Es ist wohl kaum eine spirituelle Bewegung imstande, so differenzierte, tiefgehende und umfassende Einsichten zu vermitteln wie gerade die Anthroposophie. Es ist aber auch so, dass sich die Anthroposophie in einer für viele Menschen recht komplizierten und unzugänglichen Weise darstellt. Es ist heute nicht mehr damit getan, in anthroposophischen Lesezirkeln sich theoretisch mit diesen lebendigen Bereichen zu befassen, schon gar nicht in einer herablassenden, verurteilenden Art. Die Aufgabe der Anthroposophie besteht darin, Klarheit und Unterscheidungsvermögen zu stärken, wie auch Zusammenhänge aufzuzeigen.
Man darf sich heute mit solchen Aufgaben nicht mehr verstecken. Es muss die Anthroposophie hinaus in den Alltag, ins wirklich praktische Leben, aber auch ins Lebensgefühl getragen werden. Dazu ist nötig, die Inhalte der Anthroposophie eigenständig und persönlich zu verinnerlichen, d. h. eben auch gefühlsmäßig zu erleben, so dass wir imstande sind, sie an die heutigen Menschen heranzubringen. Denn jede Veränderung kann nur da beginnen, wo man tatsächlich steht, sonst werden Ideale zu Luftschlössern. Aber wahrzunehmen, wo man steht, bedarf einiger Schulung. Darauf soll weiter unten eingegangen werden. - Rudolf Steiner: "...man kann nur das überwinden, was man erst hat..."  – "Wer das erste Chakra umgeht, läuft Gefahr, scheinheilig zu werden" (Tantrische Weisheit).
Anthroposophie kann sich heute durchaus sehen lassen, vor allem aufgrund der zahlreichen Früchte, die sie hervorgebracht hat, wie Waldorfschulen (Rudolf-Steiner-Schulen), Biologisch-Dynamische Landwirtschaft (Demeter), Anthroposophische Medizin u. v. a. - Anthroposophie hat inzwischen gesellschaftlich eine weitgehende Akzeptanz gefunden.
Anthroposophie hat es heute nicht mehr nötig, in bescheidener Abwarteposition zu verharren. Doch oft ist es noch so. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren wurde von der Anthroposophischen Gesellschaft eine Broschüre herausgegeben mit dem Titel: "Die Anthroposophische Gesellschaft möchte sich vorstellen", darin ist in Bezug zur New-Age-Bewegung neben einigen gelungenen Darstellungen zu lesen: "In der Anthroposophischen Gesellschaft ... pflegt man ein Bedürfnis nach differenzierter Sinnes- und Gefühlskultur (mit Hochachtung vor Tragik und Schmerz)..." – Warum möchte man sich vorstellen und stellt sich nicht einfach vor, warum pflegt man das Bedürfnis nach der Sinnes- und Gefühlskultur und nicht die Sinnes- und Gefühlskultur selbst? Wie lange noch wollen Anthroposophen in die Vorträge über den Himmel und nicht in den Himmel selbst? Und was soll die "Hochachtung vor Tragik und Schmerz" bedeuten? Wenn Rudolf Steiner das Wort "Mitleid" verwendet, meint er es fast ausschließlich im Sinne von "Mitgefühl".
Rudolf Steiner hat sich für heutige Zeitgenossen recht kompliziert ausgedrückt – sicher auch mit einer gewissen Absicht – und man kann in seinen Worten das Ringen um Erkenntnis spüren. Dies ist wohl auch auf die damalige Zeit zurückzuführen, die ausgesprochen materialistisch war, die Menschen hatten im allgemeinen für geistige Dimensionen recht wenig Sinn. Man kann nicht genug würdigen, welch Pionierleistung Rudolf Steiner gerade damals gelungen ist!
Rudolf Steiner war es ein besonderes Anliegen, vor der Wissenschaft zu bestehen, d. h. er legte großen Wert darauf, eine selbstlose (= Ego-lose) Haltung einzunehmen. Es war ja gerade sein bahnbrechendes Verdienst, einen esoterischen Schulungsweg zu entwickeln, der von der wissenschaftlichen Grundhaltung ausgehen konnte. Inzwischen ist die materialistische Wissenschaft so weit, dass sie sich in zunehmendem Maße selbst ad absurdum führt. (Einstein, Heisenberg, Capra, Bahro u. v. a.) Der Schwerpunkt des allgemeinen Interesses hat sich zugunsten von Erlebniswelten verschoben. In der westlichen Menschheit ist aber mittlerweile auch ein Urbedürfnis entstanden, die erlebten Dinge erkenntnismäßig überschauen zu können. Eine selbstreflektierende, kritisch besonnene Grundhaltung im Sinne der Bewusstseinsseele ist inzwischen – zumindest in den meisten ernstzunehmenden Selbsterfahrungsgruppen – zur unausgesprochenen Selbstverständlichkeit geworden; sie wird zwar nicht ausdrücklich so genannt, aber diese Qualität ist unverkennbar da, gewissermaßen instinktiv. Diesen Vorgang auch entwicklungsgeschichtlich und in der Überschau zu begreifen, steht noch aus. Hier kann die Anthroposophie sehr aufbauende und befriedigende Hilfen geben. Wie aber können wir diesen Schatz lebensnah erschließen?

5. Kann Geistesforschung durch Stiländerung mehr Lebensnähe erreichen?

Hierzu muss ich von meinem persönlichen Weg erzählen. – In einem anthroposophischen Haus aufgewachsen, begegneten mir immer wieder die schönen anthroposophischen Bücher mit der goldenen Schrift und den langatmigen, nach oben geschriebenen Titeln. Das erzeugte in mir als jungem, pubertierendem Menschen eine undefinierbare Ablehnung, ja es forderte meinen Spott heraus, bis endlich eigene drängende Lebensfragen mein Interesse herausforderten. Und siehe da, ich fand bald erstaunliche Antworten und tiefgreifende Einsichten, die, heute möchte ich sagen: mir mein Leben retteten und meinem Leben erst einen für mich erkennbaren Sinn gaben.
In meiner Studienzeit zum Elektronik-Ingenieur fand ich in der Anthroposophie Antworten, die ich von meinen Lehrern damals nicht bekam. So war es für mich z. B. unerträglich, wenn das Licht einmal als Welle, einmal als Teilchen erklärt wurde, und auf meine penetrante Frage, was das Licht denn nun sei, die lapidare Antwort kam: "Das spielt keine Rolle, Hauptsache man kann damit rechnen und arbeiten..." In der Anthroposophie fand ich endlich eine Quelle, die mir auch in technischen Fragen tiefgehende, befriedigende Antworten geben konnte.
So wurde ich schließlich Waldorflehrer. Diese Aufgabe erfüllte mich sehr, und ich hatte wertvolle Menschenbegegnungen. Zugleich empfand ich einen Mangel an Sinnlichkeit und Vitalität, da mir die Thematik um den unteren Menschen nicht nur in Gesprächen, sondern in der ganzen Atmosphäre wie ausgespart erschien.
Frühe Kindheitserlebnisse zusammen mit erneuten Lebensfragen führten mich endlich zu dem Schritt, dass ich 1991 mit einem Tantra-Jahrestraining begann. Besonders die ersten sieben Tage hatten für mich eine Fülle wie sieben Jahre: Ich konnte endlich erfahren, was es heißt, mit Gefühlsräumen zwischen Freude und Schmerz, bis hin zu den anthroposophisch so oft zitierten "Trieben, Begierden und Leidenschaften" in direkten Kontakt zu kommen. Ich erkannte, welch enormes Potential an Kraft und Lebensfreude darin verborgen liegt, aber auch, dass die Angst davor eher eine Fata Morgana als eine berechtigte Wirklichkeit ist. Ich hatte schon mit 27 Jahren gemerkt, dass ich meine Gefühle nur dachte, aber ich wusste damals nicht, wie ich einen direkten Zugang bekommen könnte. Hier geschah es nun, und ich rief innerlich: "Das ist ja praktische Geisteswissenschaft!"
Während dieses Tantra-Trainings entstand immer mehr die Frage, wie Tantra ohne Anthroposophie überhaupt Sinn-voll sein könne, oder Anthroposophie ohne Tantra. – "Tantra" bedeutet unter vielen anderen Übersetzungen auch "Kern", und genau um diesen inneren Kern geht es bei allen tantrischen Übungen, die sehr praktisch ausgerichtet sind. Ich erfuhr, wie jenseits aller Worte sich ganze Welten von Gefühlen, Strömungen, Mächten und Empfindungsräumen auftun konnten, und das bei klarstem Bewusstsein. Die Bewusstseinsseele war auf einmal weit mehr als der bekannte Begriff.
Nun ging es um die Kernfrage: Kann ich in diesen starken Energien, Kräften und Wesenheiten auch meine Identität bewahren, mit meinem "Ich" an-wesend sein, auch wenn ich mit Intuition (als höherer Erkenntnisart) mir erlaube, mich ganz in ein anderes Wesen innerlich zu verwandeln? Und es zeigte sich: Ja, es geht, ich kann zunehmend im Innen und Außen gleichzeitig sein, an der Re-ligio (Rückverbindung) vollbewusst teilhaben. Nach manchen Übungen war es, als hörte ich den Wind und die Bäume sprechen...
Besonders bedeutend war, dass die lebendige Wirk-lichkeit NUR JETZT sein kann, und alle Einsichten immer nur ein Ergebnis der Vergangenheit sein können: "Ich sehe nur, was ich weiß". In diesem Spannungsfeld stehen wir: Vorher müssen wir denkend etwas errungen haben, um es dann im Erfahren erkennen zu können, aber die Realität, die Wirklichkeit und Wirksamkeit findet immer nur JETZT statt. Der Schlüssel zum Lebendigen liegt im JETZT. Dies erfordert allerdings einiges an Übung, handelt es sich doch um ein in jeden Augenblick hinein-Entspannen, um ein ständiges Loslassen, ein ständiges Sterben und Neugeborenwerden, eine Entspannung, die im Hintergrund jedoch allerhöchste Aktivität ist.
Aus all dem begann ich 1995, zusammen mit anderen, Seminare in Anthroposophie & Tantra zu geben. Es erforderte anfangs einigen Mut, die Skrupel und Bedenken beiseite zu lassen, kannten wir doch Rudolf Steiners Aussagen und Warnungen zur Renaissance fernöstlicher Wege im Westen. Anfangs beschäftigte uns die Frage: "Widerspruch oder sinnvolle Ergänzung?". Inzwischen hat sich diese Frage weitestgehend beantwortet – durch die eigenen Erfahrungen ebenso wie durch die anthroposophische Menschenkunde selbst. Es kommt eben auf das "Wie" an. Als zentrales Beispiel sei hier eine von Rudolf Steiner für Ärzte gegebene Meditation angeführt:

Schau in deiner Seele
Leuchtekraft
Fühl in deinem Körper
Schweremacht
In der Leuchtekraft
Strahlet Geistes-Ich
In der Schweremacht
Kraftet Gottes-Geist
Doch darf nicht
Leuchtekraft
Ergreifen
Schweremacht
Und auch nicht
Schweremacht
Durchdringen
Leuchtekraft
Denn fasset Leuchtekraft
Die Schweremacht
Und dringet die Schweremacht
In Leuchtekraft,
So binden in Welten-Irre
Seele und Körper
In Verderbnis sich.

Gibt Rudolf Steiner hier nicht selbst die Antwort, wie mit dem Oben und Unten des Menschenwesens umgegangen werden soll, und worin seine eigenen Bedenken bezüglich östlicher Schulungswege wurzeln? "Schau.." und "Fühl.." sind ganz eindeutige Aufforderungen, dies auch zu tun (von der Schwierigkeit "zu tun" s. o.). Die Aussage ist: Es soll das Oben und Unten innerlich gefühlt und geschaut werden, jedoch nicht ineinander verstrickt werden (=die Gefahr). Und wer schaut und fühlt? Dieser Beobachter wird ja in dem Text nicht ausdrücklich genannt, doch es ist offensichtlich: Das kann nur das "Ich" sein. Und gerade da vollzieht sich das Mysterium: Während das "Ich" wahrnimmt, erkennt es sich selbst als etwas noch viel umfassenderes, als es die Freuden und Leiden und all die anderen wahrgenommenen Wesenheiten sind, zugleich aber werden auch sie erkannt und erlöst, indem sie anerkannt, gewürdigt und an den richtigen Ort gestellt werden, was auch für sie eine Heilung bedeutet! Genau um das geht in den A&T-Seminaren, und zwar unter ausdrücklicher Einbeziehung auch der ganz persönlichen, mitgebrachten und somit sehr konkreten Lebensthemen und Einseitigkeiten. Die eigenen Persönlichkeitsstrukturen werden so zu Erkenntnisorganen, an ihnen erwacht das "Ich", und Geistes-Gegenwart tritt ein. Wir erleben hier regelmäßig und unmittelbar den Vorgang der Erlösung und Befreiung. - Es erscheint uns manchmal wie die Begegnung west-östlicher Geistigkeit, in einem Raum, der ganz persönlich und doch zugleich überpersönlich ist.

Die Anliegen der A&T-Trainings sind:

Wir wollen den Schatz der anthroposophischen Inhalte und des anthroposophischen Weges als Lebenshilfe und Orientierungsmöglichkeit zugänglich machen, und zwar auf eine Art und Weise, die klar, einfach und direkt nachvollziehbar ist.
In der Kombination mit Tantra wird es lebendig. Wir können Anschluss an unsere tieferen Lebensimpulse finden, indem wir mit unserem Ist-Zustand in liebevoller Weise beginnen. Die tantrische Grundhaltung besteht in einem großen, tief empfundenem und gelebtem JA zu dem, was ist. - So nennen wir die aufeinander aufbauenden Kurse auch gerne "Trainings": Sie sind keine Informationsveranstaltungen, von denen man unbeteiligt wieder geht, sondern eine Möglichkeit, durch Selbsterfahrung / Welterkenntnis dem Sinn, aber auch der Integration der Sinnlichkeit in heilsamer Weise ein Stück näher zu kommen.
Wir sehen Anthroposophie als selbständigen Weg, der den ganzen Menschen von oben bis unten umfassen will und dabei von der wissenschaftlichen Grundhaltung ausgeht; wir sehen Tantra als selbständigen Weg, der den ganzen Menschen von unten bis oben umfassen will und dabei mit Einbezug von Sinnlichkeit und Sexualität zum JETZT kommt. Das Ziel ist auf beiden Seiten immer die Mitte. Und eine Mitte kann nur dann kraftvoll sein, wenn sie die äußeren Grenzen, das Oben und Unten, wirklich kennt und sich darin bewegen kann. Wir streben keine Durchmischung der beiden Wege an, sie sind in sich vollständig und stammen aus eigenen geistigen Quellen. Aber wie es bei Wegen sein kann, ist es möglich, auf halbem Wege festzufahren. Gerade in der Begegnung dieser scheinbar so konträren Richtungen können wir atmend unsere ganz individuelle, für jetzt gültige Mitte finden. Die lemniskatische &-Schleife zwischen A&T meint diese atmende Begegnung. Von der Mitte aus können wir kraftvoll mit dem Oben und Unten unseres Menschseins in Kontakt kommen, um da unserem Kern, unserer inneren Kern-Kraft mehr und mehr zu begegnen.
Ist dieser Kern nicht zugleich auch das Göttliche in uns, das "Christus in mir", oder auch das "Große Nichts" der indischen Philosophie, das keinen Namen und keine Eigenschaft hat, dessen Name "ICH BIN" ist, oder dessen Wesen es gerade ist, wandelbar zu sein und damit durch alle Zustände liebend und er-lösend – als "Heiland" - gehen zu können, somit allumfassend ist und der zugleich alles hervorbringt?
Anthroposophie & Tantra: Ein Kontrast, der sich ergänzt, so wie Rot auf Grün besonders strahlend zur Geltung kommt und, seine Eigenheit bewahrend, sich gegenseitig steigert...

Schlussbemerkung:

Dieser Artikel wurde bewusst sehr persönlich und weitgehend in Ichform geschrieben. Selbstverständlich konnten hier nur einige, erste Aspekte eines großen Themas angeschnitten werden. So wäre z. B. die Frage der sinnlichkeitsfreien Erfahrung im Denken, Fühlen und Wollen ein weiteres, sehr bedeutsames Kapitel, an dem wir forschend arbeiten...
Lesen und Denken sind das Eine. Besonders, wenn es zu einem lebendigen, selbstreflektiertem Denken weitergeführt wird. In diesem Sinne bin ich auch für Zuschriften aller Art dankbar. – Es gibt aber noch Bereiche, die erst nach gemeinsam erlebten "Erlebniswelten" erörtert werden können. Hierfür ist jedoch ein Sich-Einlassen in die konkrete Arbeit erforderlich.
Voraussetzungen für diese Seminare gibt es inhaltlich gesehen keine. Förderlich aber ist eine Grundhaltung im Sinne der Bewusstseinsseele, die "sich einlassen und es wirklich wissen und erfahren will".  

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Anthroposophie & Tantra?

Doris Ott-Spathelf schrieb in einer Waldorfschul-Zeitung:

Vor kurzem erhielt ich die Einladung zu einem Seminar "Anthroposophie & Tantra" und nahm diese - trotz Bedenken, wegen des exotisch - verführerisch klingenden "Tantra" - neugierig und hoffnungsvoll an."Selbsterfahrung - Welterkenntnis" oder "Sinnlichkeit mit Geistigem verbinden" waren die weiterhin erklärenden Untertitel...Seit etwa 30 Jahren beschäftige ich mich mit Anthroposophie und habe immer mehr das Bedürfnis im Geistig-Seelischen weiterzukommen, zu meditieren, geistige Welten zu erschließen. Es gelingt mir bis jetzt insoweit, dass ich mir viele geisteswissenschaftliche Erkenntnisse durch Lesen angeeignet, "zu eigen gemacht" habe. Dies hat sich jedoch weitgehend im Kopf abgespielt, es fehlt mir eigentlich die Lebendigkeit, der "Boden unter den Füßen".

Mit der Erwartung hier etwas zu finden, was mich bodenständiger macht oder meine geisteswissenschaftlichen Kenntnisse zu beleben, ging ich zu diesem Seminar.

Fünf unbekannte Paare mit ungleichen Voraussetzungen in anthroposophischen und tantrischen Kenntnissen hatten sich eingefunden und vorgestellt - und zwei Seminarleiter.
- Sich selbst finden, sich innerlich erleben, ankommen. Die meditative Ankunft wurde unterstützt durch Musik, Bewegung und Visualisierung. Eine wunderbare Erfahrung!
- Nun wurde das anthroposophische Menschenbild als Grundlage des Seminars sowohl für Neueinsteiger als auch für "alte Hasen" sehr lebendig und interessant aufgebaut.
- Durch weitere Wahrnehmungsübungen nach innen und außen, tantrische Übungen und Rituale - das waren sehr feine und intensive Sinnlichkeitserfahrungen - konnte man sich immer mehr entspannen und für die geistige Welt öffnen und so während der zweieinhalb Tage lebendig und intensiv Selbsterfahrung und Anthroposophie betreiben.

Noch nie war ich so in mir selbst angekommen, haben sich geisteswissenschaftliche Gedanken so lebendig und selbstverständlich in mir entwickelt!

Jeder der Teilnehmer nahm beglückt wertvolle Erfahrungsschätze mit nach Hause und hatte das Gefühl, beflügelt, aber gleichzeitig "geerdet" in den Alltag zurückzukehren.

Heute, nach 5 Wochen, klingt dieses Seminar immer noch in mir nach...

Da diese Erfahrungen wirklich für alle Seminarteilnehmer eine ungeheure Bereicherung darstellten, könnte ich mit vorstellen, dass sich in unserem Kreis Menschen finden, die sich hier ebenfalls inspirieren lassen wollen. Bei genügend Teilnehmern wäre das Veranstalten eines solchen Seminars auch bei uns möglich. Interessenten bitte melden!

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Anthroposophie & Tantra:
Die liebevolle Begegnung mit dem Wesen Mensch

Esther Zingrich, freie Journalistin
Erschienen in: MedizinZeitung 9/98 (CH)

Die Anthroposophie gelangt intellektuell zu Einsichten über das Leben. Tantra ist der Erkenntnisweg über die Sinnlichkeit und Sexualität.

Im besten Fall führen beide Wege zu einem esoterischen Verständnis der Welt. Alles ist in allem. Und alles gehört deshalb zusammen. Das Göttliche, das in uns angelegt ist, will sich in uns verwirklichen. Wie sich dieses Verständnis erklärt und vor allem wie es sich anfühlt, wird im Aeoni-Projekt vermittelt. Ein Erfahrungsbericht.
Wie lässt sich die Meditationserfahrung mit dem Sinnlichen verknüpfen – die Solodisziplin, bei der im Innern das weibliche mit dem männlichen Element zusammentreffen, mit der äußeren Begegnung von Mann und Frau? Mit dem Interesse an der Antwort bin ich an den Wochenendkurs gereist. Freitagabend bis Sonntagabend im Schwarzwald. "Sinnlichkeit mit Geistigem verbinden – Ankommen" stand auf dem Kursprospekt. – Ankunft. 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen mit zwei Kursleitenden zusammen. Wunschgemäß sieben Frauen und sieben Männer. Draußen grüne Natur, weiche Hügellandschaft. Erholung. Auch innen Erholung. Meditative Stimmung. Viel Stille. Wenig Worte.

Der erste Kontakt

Jetzt sitze ich meinem Kurspartner gegenüber. Das Tantra-Ritual, die Begegnung von Mann und Frau steht bevor. Aromatischer Sandelholzduft, der vom Räucherwerk des Paares nebenan aufsteigt, umflort meine Nase. Kerzenlicht erhellt den großen holzgetäfelten Gruppenraum in der abendlichen Dämmerung. Wir alle haben unseren Platz mit Blumen, farbigen Tüchern und Steinen dekoriert. Ich fühle mich, nach den kurzen gemeinsamen Stunden, vertraut mit der Gruppe. Nach dem Rundblick im Raum treffe ich auf den offenen Blick meines gegenüber. Feine Gesichtszüge. Der Mann strahlt Gefasstheit aus. Er ruht in sich. Dezent. Kraushaar. Dem flüchtigen Eindruck folgt der Gedanke: Wie werden wir uns begegnen? Da sind keine Erwartungen. Wohl auch, weil die Kursleitung nichts darüber durchdringen ließ, wie die Tantra-Übung aussehen wird. Wir lassen uns vertrauensvoll auf das ein, was die Kursleitung uns präsentieren wird. Wir, da meine ich die Gruppe, zusammengewürfelt aus ganz unterschiedlichen Charakteren. Als verbindendes Merkmal erkenne ich die Freude an der Versenkung und an der Selbsterkenntnis. Die, laut Infoblatt der Kursleitung, eben auch Welterkenntnis ist.

Erotik – einmal anders

Also, Frank und ich sitzen mit verschränkten Beinen auf einer Decke im Dachstock des traumhaft schön gelegenen Kurshauses im Schwarzwald. In einiger Distanz zueinander. Entspannende Klänge entlässt der High-Tech CD-Player von Arno C. Pillwein. Ihm, dem früheren Elektronik-Ingenieur, macht die Qualität der Technik Freude. Das hat er zwischendurch mal festgehalten. Jetzt setzt er sich in Startposition. Der 46-jährige Mann leitet uns sanft und beruhigend an, ganz bei uns selbst zu sein. Wir alle haben keine Mühe damit. Die vergangenen 24 Stunden verbrachten wir größtenteils in Meditation – bewegter, bewegungsloser, liegender, sitzender. So verharren wir eine Weile in uns gekehrt, mit geschlossenen Augen, und genießen die innere Weite und den Frieden. Dann folgt die Aufforderung, das Gegenüber wahrzunehmen, ohne hinzuschauen. Wie weit lasse ich mich auf einen mir unbekannten Mann ein, jagt mir der etwas mulmige Gedanke durch den Kopf. Natürlich denke ich an die bisherigen Erfahrungen mit Männern. Kennen wir doch, das erotische Knistern. Da melden sich auch gleich Bedenken. Wieweit lässt man sich auf dieses Spiel ein? Die Angst, sich im momentanen Gefühl zu verlieren, vom anderen aufgesogen zu werden und von sich selbst wegzukommen, taucht kurz und vage auf. Mit der Konzentration auf mein Gegenüber verflüchtigen sich die Gedanken. Vertrauen steigt auf. Akzeptanz. Ich fühle mich wohl und uneingeschränkt in Franks Anwesenheit.

Begegnung der göttlichen Frau mit dem göttlichen Mann

Es gehe um die Begegnung von Shakti und Shiva, der göttlichen Frau und dem göttlichen Mann, ist angekündigt worden. Die Shaktis (Frauen) werden ruhig aufgefordert, Shiva mit geöffneten Augen wahrzunehmen. Achtung, jetzt bin ich dran. Die Augen der Shivas (Männer) sind nun auch geöffnet. Der Mensch vor mir ist mir überhaupt nicht fremd. Ich spüre eine Verbindung mit der innersten Persönlichkeit von Frank. Ich bin erstaunt über meine Empfindung. Ohne erotische Zwischentöne fließt reine Liebe. Wunderbar, wie leicht und frei sich diese Art von Kontakt anfühlt. Keinerlei körperliche Erwartungen sind im Raum. Frieden. Eine tiefe Verbundenheit ist da. Ich erinnere mich daran, dass mir diese Erfahrung vom geistigen Heilen bekannt ist. Anders ist dort, dass die Behandlung Motiv ist für das Zusammenkommen, hier geht es um die Begegnung als solche. Doch das Erleben ist für einen kurzen Moment dasselbe. Es ist die Verschmelzung mit einem innersten Teil unseres Seins. Nach mir macht Shiva – während ich nun in mir ruhe und er mich anschaut – die gleiche Erfahrung wie ich. Wird er mir später berichten.

Berührung ohne Zielrichtung

Eine Weile darauf werden wir aufgefordert, und zu berühren. Aus der momentanen Empfindung heraus. Ich staune wirklich über mein Gefühl. Weg von den üblichen, einschränkenden Erwartungen und Mustern dem anderen Geschlecht gegenüber, empfinde ich für Frank die fürsorgliche Liebe einer Mutter. Bar jeder sexuellen Regung. Ohne Absichten und Erwartungen. Genau so berühre ich ihn auch. Wie die Mutter ihr Kind. In herzlicher Verbundenheit. Ich fühle, dass er genau das genießt. Das Wahre, Tiefe. Freude macht sich bei mir breit. Und ein Gefühl der Erleichterung. Dieses ungetrübte, echte und bedingungslose Gefühl ist für mich das Herzstück der Kurserfahrung. Sie befreit mich. Zeigt mir, dass wir Menschen selten wirklich präsent sind. Den anderen und uns selbst kaum wahrnehmen. Diese Erfahrung enthüllt mir auch, dass vieles, was als Mann-Frau-Verhalten erklärt wird, nur irgendwelche Projektionen, zementierte Vorstellungen und gedankliche Irrläufe sind. Und wie wir wissen, vermasseln besonders in den Paarbeziehungen Erwartungen, Ansprüche und Selbstbegrenzungen die Freiheit, ganz Hier und Jetzt zu sein. Zielgerichtete Berührungen, so zeigt sich, laufen der bedingungslosen Liebe zuwider.

Die präsente Begegnung ist eine Kunst

Die erfüllende Begegnung kennt keine Ansprüche und geregelten Abläufe. Das Denken hat nicht mehr die Oberhand. Das ist die Botschaft des Kurses. Wir sollen zum Kern (Tantra) vorstoßen. Zur ganzheitlichen Wahrnehmung zurückkommen. Arno C. Pillwein weiß, dass dies keine Kleinigkeit ist: "Fühlen ist ein Kunststück". Das habe er bei sich selbst und im Gespräch mit anderen festgestellt. "Denn", so fährt er fort, "Gefühle denken ist nicht fühlen." Und fühlen können wir nur, wenn wir mit unserem ganzen Wesen da sind. Das Fühlen nennt er den "Weg in die Gegenwart".

Der Sinnlichkeit nicht ausweichen

Rund um die ermutigende Form der Begegnung von Mann und Frau rankt sich die anthroposophische Philosophie, die letztendlich eben auch davon ausgeht, dass der Mensch sich über sich selbst erheben kann. Über seine Leidenschaften. Doch, anders als die asketischen Lehren es wollen, möchte Arno C. Pillwein diesen Prozess nicht ansteuern, indem er der Sinnlichkeit ausweicht. Die Begegnung mit Tantra hat ihm ein Werkzeug in die Hand gegeben, mitten durch die Sinne durchzugehen. Und siehe da, hier liegt die Befreiung.

Menschentwicklung – Weltentwicklung

Laut anthroposophischer Erkenntnis spiegelt sich die Weltentwicklung im Menschen. Alles ist in ihm enthalten, vom Mineralreich – physischer Leib, über das Pflanzenreich mit dem Ätherleib und das Tierreich mit dem Astralleib. Dazu kommt das Ich, der göttliche Funke, der sich verwirklichen will. Steiner habe den aufrechten Körper des Menschen quasi als umgekehrte Pflanze gesehen, hören wir von Arno C. Pillwein. Der Kopf, in sich abgeschlossen, bildet die Wurzel. Die Gliedmaßen hingegen reichen in die Unendlichkeit. Oben – im Nerven-Sinnes-System – herrscht Ruhe, während unten – im Gliedmaßen-Stoffwechsel-System die Kraft lebt. Kein Zufall, dass Sexualität und Erotik als Triebfeder zur Selbsterkenntnis gelten.
Und genau hier, im unteren Körperbereich, seien laut Steiner auch die höchsten Engelshierarchien angesiedelt. Arno C. Pillwein zitiert Steiners Symbolbild: "Die Kraft brandet hoch, wie am Fels, und dabei entsteht das Bewusstseinslicht." Tatsache sei deshalb, dass Bewusstsein auf Kosten von Leben entstehe. Das lässt sich ideal an uns selbst testen oder in der Umgebung beobachten: Das Tun des Geistmenschen richtet sich mehr nach innen als nach außen. Das zeigt sich deutlich im Tantra-Ritual: Die meditative Grundhaltung ermöglicht – ohne großen Kraftaufwand – erfülltere Begegnungen. Die Erfahrung nehme ich gerne mit auf den Weg zur Befreiung aus selbstgeknüpften Fesseln.
 
 

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Tantra und Anthroposophie – Feuer und Wasser?

Günter Bartsch, Ökophilosoph und Schriftsteller
Erschienen in: TANTRA Nr.7, 1/97 (CH)

Das große gelbe Haus in Schweigmatt leuchtet mir schon von weitem wie eine Verheißung entgegen. Das also ist der Sitz von VERIMEER, des Traums von Freiheit, Begegnung und Berührungskultur. Hinten gibt es ein schönes Schwimmbassin – ich kann als erstes baden. Da kommt Bhavana, geschmeidig trotz ihrer Fülle. Im Seminarraum ist schon Monika, schlank und dunkelhäutig, mit einem wissenden Lächeln um die geschwungenen Lippen. Ich lerne auch Barbara kennen, die Leise und Weise. – Auf meinem Zweibettzimmer ein junger Anthroposoph, dem ein anthroposophischer Arzt Tantra verschrieben hatte, weil ihm nichts anderes mehr helfen könne.

Lassen sich Feuer und Wasser vereinen?

Ich kenne die Anthroposophie aus der Praxis, Tantra in Gruppen nur aus der Theorie. – Was wird im gelben Haus geschehen? Meine innere Stimme rät: öffne dich für alle Möglichkeiten.
Wir stellen uns vor. Monikas anthroposophische Ärztin verbot ihr den Besuch dieses Seminars, doch sie ist zum zweiten Mal dabei, weil es ihr gut tut. Seminarleiter Arno C. Pillwein, der Waldorflehrer ist, entdeckte eines Tages, dass er seine Gefühle nur dachte. Nun ist es sein Anliegen, Geistigkeit und Sinnlichkeit zusammenzubringen. Als erstes stellt er Rudolf Steiners Menschenbild und die Stufen der höheren Erkenntnis dar. Es folgt eine tantrische Übung. Anthroposophie geht mehr vom Individuum aus, Tantra von der Begegnung. Die Paarbildung ist dem Zu-Fall überlassen. Monika und ich betreten von verschiedenen Seiten den Seminarraum. Wir setzen uns auf eine Decke gegenüber und schließen die Augen. Jeder verankert sich im eigenen Selbst. Dann öffnen wir behutsam die Augen, indem wir die innere Wahrnehmung beibehalten und betrachten einander, zunächst als Mann und Frau. Ich sehe in Monika aber auch das kleine Mädchen, die Mutter und Weise, schließlich die Shakti, meine Liebesgöttin. Musik aus dem Vorraum. Monika erhebt sich und tanzt. Sie tanzt für mich!
Die Musik wird lauter und zugleich intimer. Auch die anderen Frauen tanzen. Monika enthüllt sich nur in der Gebärde, doch abwechselnd lockt und weist sie zurück. Ich bin fasziniert. Leuchtend hebt sich die weiße Perlenkette von ihrem schmiegsamen Fuß ab. Doch auf einmal sehe ich auch ihr Herz und darin die Blume ihrer Seele. Nachdem ich Monika mit zusammengelegten Händen gedankt habe, tanze ich für sie, anfangs recht unbeholfen, bis mir Arno zuflüstert: "Übergib die Führung dem Körper, egal wie es aussieht!" Als dies gelingt, werde ich frei und absichtslos. Wir öffnen uns füreinander. Monika dankt mir. Alle Paare rücken enger zusammen und tauschen flüsternd aus, was sie eben miteinander erlebt haben. Jetzt darf ich Monikas Fußgelenk mit den Perlen berühren.
Jeden Tag wechseln die Paare. Es geht darum zu forschen. Verschiedene Energien wahrzunehmen. Täglich auch Vorträge, wobei ich die Anthroposophie vereinfacht und zugleich konzentriert neu kennenlerne. Daneben Chakrenlehre- und erfahrung. Männliche und weibliche Chakren sind einander zugeordnet, sie ‚sehen‘ sich an. Am Morgen bringen wir sie tanzend auf eine höhere Frequenz. Markus, der halbtote Anthroposoph, wird wieder lebendig. Die Kursleiter haben für jeden den richtigen Blick und das richtige Wort. Sie regen an und lassen geschehen, behalten jedoch die Zügel in der Hand. Die Regie ist verbindlich und freilassend zugleich.
Meine Entwicklung macht einen Sprung: in drei Tagen für drei Jahre. Das verdanke ich auch den einfühlsamen Frauen, vor allem Barbara. Einmal, als ich voreilig war, sagte sie lächelnd: "Bleibe bei Dir!" Ich sehe sie hinter einem Tränenschleier: unsere Seelen werden eins.
Das Seminar hat eine erotische, aber auch geisterfüllte Atmosphäre, wie ich sie noch nirgends erlebte. Es gelingt tatsächlich, Anthroposophie und Tantra in eine intensive Berührung zu bringen, so dass sie sich gegenseitig aufladen. Dies sollte wieder und nicht nur bei VERIMEER geschehen.

*                    *                    *

Tantra und Anthroposophie – Ökosophie die Synthese?

Günter Bartsch, Ökophilosoph und Schriftsteller
Erschienen in: Samenkörner Nr. 3/96

Was Arno C. Pillwein nun schon dreimal gewagt, ist beispiellos in der ganzen Welt: Feuer und Wasser zu verschmelzen. Es ist ihm gelungen! Ich verkünde diese frohe Botschaft, denn ich war beim drittenmal dabei und habe es selbst erlebt.

Wasser: das ist die Anthroposophie, geduldig höhlend den Fels. Es soll möglichst rein sein, von klarem Denken durchlichtet. Das ist der eine Einstieg. Die Pforte des Geistes.

Feuer: das ist Tantra, durch die Adern springend und selbst Halbtote wiederbelebend im Tanz der Gefühle. Das ist der andere Einstieg: die Sinnlichkeit. Die Pforte der Berührung.

Die Intellektuellen und Erdflüchtigen haben alle Berührungsangst – sie haben überhaupt Angst vor dem Leben. Diese Angst hockt im verkrampften Gefühl wie ein Gespenst. Sie hockt auch im verkrampften Geist, dort aber wie ein Kobold der Überheblichkeit. Erlöst das Gespenst, erlöst den Kobold, indem ihr zu tanzen beginnt!

Wo sich der Geist berühren und die Berührung vergeistigen lässt, entspringt eine neue Quelle. Frisches Wasser sprudelt hervor. Ist es nicht das Wasser des Lebens? Es ist die Liebe, die sich in ihm freischwimmt.

Rudolf Steiner sagte einmal beschwörend: "Eine Geisteswissenschaft ohne Liebe wäre eine Gefahr für die Menschheit". Und tatsächlich: an die Stelle der Liebe tritt das Abfinden mit den Atomkraftwerken und der Gentechnik, eine fürchterliche Nüchternheit...

Der kalte Verstand will durchwärmt werden von Liebe. Diese will durchleuchtet werden von klarem Denken. So können sich Anthroposophie und Tantra vereinigen auf dem Boden der Ökosophie, die beide Impulse in sich aufgenommen hat: die der Herzkultur und der Berührungskultur.

Anthroposophie geht vom Individuum aus, Tantra vom Paar. Doch in der tantrischen Begegnung verankert sich jeder Partner zunächst in sich selbst. Bleibe bei Dir, solange Du Dich nicht öffnen kannst. Sobald Du Dich öffnen kannst, verlasse das Ich und wage das Leben – die große Begegnung mit einem Wesen des anderen Geschlechts. Ohne die Bejahung dieser Polarität erstarren wir und es verdorrt die Kunst auf dem Halm. Sieben Ebenen hat die Liebe und auf jeder sieht sie anders aus. Sieben Aspekte hat das weibliche und männliche Dasein: alle wollen gewürdigt werden, so auch das Kind und das Mädchen in der Frau. Anthroposophie ist ein Weg zu geistiger Klarheit, Tantra ist ein Weg zur Ganzheit vom Gefühl und der Sinnlichkeit her. Denken und Fühlen streben zusammen. Unaufhaltsam ist dieser Drang. Jahrtausende war der Mensch gespalten, nun will er eins werden mit sich selbst und dem Universum. Die union mystica zieht womöglich in den Alltag ein. Doch sie schleudert den Menschen über seinen Egoismus hinaus. Sie schleudert ihn in die Liebe und jedes Mal fragt sich, ob wir ihr schon gewachsen sind. Wer fest in sich steht und sich öffnet, der ist ihr gewachsen.
 
 

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Referenzen

Das Seminar war das Beste, was ich bis dahin an Seminaren erlebt habe... Es war für mich genau das, was ich suchte, etwas ganz Neues und Mutiges...
Gert B. (35) aus G. 

...es war so ein Fluss in allem, dass ich mich die drei Tage über nicht einmal (1x) langweilte: es war konstant prickelnd und sehr ansprechend... Nicht einmal (1x) ein Hauch von Druck, sondern totale Freiheit, und das in einem Bereich, wo es um unsere Wurzel, unser Zentrum geht, welches stark belastet ist von Erwartungshaltungen... Der "trockene" Bereich der Anthroposophie war für mich ebenso reizvoll wie der des Tantra... in so gebündelter Form ein solches Pensum von menschlichen Erfahrungswerten zu präsentieren war eine Riesenherausforderung, die meisterlich gehandhabt wurde...
Petra H. (30) aus F.

...Es wurde erfahrbar, wie nach intensiven Übungen eine sehr innige, fließende Liebesintensität entstehen konnte, in der Tantra eine gehobene Qualität erfuhr...
Irina H. (42) aus G.

...Ich erlebte das Seminar als ein großes Ereignis in meinem Leben, das mich in drei Tagen drei Jahre vor-angebracht hat... Ich war ungleichgewichtig, als ich in das Seminar kam und bin gleichgewichtig wieder herausgekommen. Mein Körper war endlich an seinem richtigen Platz im Gesamtgefüge...
Günter B. (69) aus F. 

Zwei Tage war ich bei euch, euren Ritualen, Tänzen und Meditationen; zwei Tage auf einem Boden, den ihr bereitet habt, und ich spüre deutliche Veränderungen in mir. Spüre, was ich vorher nicht erkannt habe und spüre deutlicher und ausgeprägter, was schon vorher in meinem Bewusstsein war. Ihr habt mich näher an meine Gefühlswelt herangeführt und Schalen oder Verkrustungen aufgebrochen...
Dieter, Manager, 40
 

...Für mich ist es sehr beeindruckend, wie ihr mit uns Kursteilnehmern umgeht und diese wiederum untereinander behutsam und fröhlich miteinander umgehen...
Agnes, Krankenschwester, 51
 

...Wenn eine Frage beantwortet wurde, stand sofort die nächste im Raum. Das finde ich Leben! Bei den Vorträgen waren alle sehr aktiv. Ich glaube es gab keinen einzigen Konsumenten, sondern nur interessierte Forscher. Jeder wird etwas mitgenommen haben. Ich sehr viel, da ich sehr unwissend war...
Norman, Techniker, 42
 

Das Wochenende hat viel in mir in Bewegung gebracht, das einfach dran war. Ein transparentes Erscheinen gleich mehrerer Dunkelknoten- Abläufen- Mechanismen. Die Rituale empfand ich als hilfreich, schützend, aber auch als ein künstliches Teilfeld schaffend, was im Alltag so nicht da ist...
Johannes, Lehrer, 39
 

Der Kurs half mir wieder mehr zu meiner Weiblichkeit zu stehen und mein Männerbild etwas zu revidieren... Besonders tief empfand ich den Frauentag und das anschließende Zusammentreffen mit den Männern... - Die gedankliche Betrachtungen waren sehr spannend... Ein Hungergefühl bleibt, welches ich wohl jetzt zu Hause stillen werde.
Dagmar, Lehrerin, 38
 

Noch immer - und ich hoffe, noch sehr lange - schwingt vieles, was ich durch euch und mit euch erleben durfte, wundervoll in mir. Auch wenn, oder gerade weil ihr dieses Mal weniger theoretische Ansätze vermittelt habt, sind viele Eindrücke aus den Übungen und Ritualen tief in mir eingedrungen. Ihr habt das Thema "Männlichkeit-Weiblichkeit und die 12 Sinne" auf den Punkt gebracht, und zwar so, dass sich jeder da hineinfinden und aufgehoben fühlen konnte.... - Den Augenblick, als die "brüllende Männerbande"... den Raum betrat, in dem köstliche Düfte, schmeichelnder Gesang und elfengleiche Wesen... den Raum erfüllten, werde ich wohl nie vergessen. Nie zuvor sind mir Dualität und Einheit so bewusst geworden, wie an diesem Abend.....
Hilmar, Ingenieur, 40

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